Die Bauakademie ist im »vollsten Sinne des Wortes ein Kunstwerk«, schrieb der Zeitgenosse Samuel Heinrich Spiker in seiner Berlin-Topographie (Berlin und seine Umgebungen im 19. Jahrhundert, Berlin, 1833–1840, S. XX). Zwischen 1832 und 1836 wurde die Bauschule von Karl Friedrich Schinkel auf dem Gelände des alten Packhofs an der Spree errichtet. Schinkel hatte hier ein hochmodernes Verfahren angewandt: In ein tragendes Gerüst wurden unverputzte Backsteinziegel eingesetzt. Durch seine Konstruktion sowie die mit Schmuckziegeln und Terrakotten verzierte Fassade setzte der Bau neue Maßstäbe. Im Erdgeschoß befanden sich Läden, die unter anderem an die Textilhandlung Gerson und den Verlag der Gebrüder Gropius vermietet waren. Schinkel besaß in dem Gebäude bis zu seinem Tod 1841 eine Dienstwohnung. Nach dem Umzug der Bauschule nach Charlottenburg 1884 waren im Gebäude zeitweise das Meßbildarchiv und Sammlungen der Nationalgalerie untergebracht. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Bauakademie stark beschädigt, 1962 folgte der Abriß.
Gaertners Gemälde zeigt die Südostecke des Gebäudes in kühner Schrägansicht, die von der Ostseite lediglich zwei Fensterachsen sichtbar werden läßt. Präzise schildert der Künstler die Einzelheiten der Ziegelfassade mit ihren Friesen, Gesimsen, Lisenen sowie den Reliefs zur Geschichte der Baukunst. Hinter der Bauakademie ragen die markanten, mit Fialen bekrönten Türme der ebenfalls von Schinkel aus Backstein erbauten Friedrichswerderschen Kirche auf. Jenseits des Werderschen Marktes erscheint die Kuppel des Französischen Doms am Gendarmenmarkt. Auf der Straße sind Fuhrwerke und Fußgänger unterwegs. Zwei Damen in Krinolinen überqueren die Schleusenbrücke über den Kupfergraben, an dem Jungen ihre Angel ausgeworfen haben. Vor einer vorbeifahrenden Kutsche zieht ein Herr seinen Hut. Passanten verweilen an den mit Glas- und Silbersachen gefüllten Schaufenstern der Geschäfte im Erdgeschoß, um das verlockend funkelnde Warenangebot zu betrachten. Die milde Vormittagssonne wirft lange Schatten, sie bilden dunkle Partien auf dem rötlich schimmernden, hell beleuchteten Backstein. | Birgit Verwiebe